Freitag, September 28, 2007

Dublin

Dublin ist eine der teuersten Städte der Welt. Dies ist immer häufiger in den Zeitungen zu lesen und bestätigt sich, wenn man dortige Immobilienmärkte durchforstet.
Was viele Bürger zunehmend stört (es wird sogar eine signifikante Migration in andere Landesteile registriert), zeugt von einer florierenden Wirtschaft in den irischen Städten - die Hauptstadt allen voran.
Es ist tatsächlich so, dass eine deutsche Regierung, die ein Wirtschaftswachstum von irischer Größenordnung ermöglichen würde, die nächste Wahl schon so gut wie gewonnen hätte. Und in Irland war es tatsächlich die Politik, die mit intelligenten und unternehmerfreundlichen Entscheidungen den Aufstieg von extremer Armut an die europäische Spitze geschafft hat. Auch die Öffnung gegenüber qualifizierten Ausländern hat hierzu ihren Teil beigetragen, als die heimischen Arbeitskräfte knapp wurden.
Dies ist eine gute Gelegenheit, die zuerst langsame und dann an Geschwindigkeit rapide zunehmende Entwicklung der grünen Insel, in Erinnerung zu rufen:
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war Irland eine Agrarnation, wobei die große Masse der Landbevölkerung in Subsidenzwirtschaft Kartoffeln als Monokultur anbaute. Hungersnöte waren die unweigerliche und sehr regelmäßige Folge. Getreide wurde ebenfalls angebaut - die Produktion lag allerdings in britischer Hand und vom Getreide und dessen Exporterlösen bekam die Bevölkerung nichts ab. Mit dem Einsetzen der industriellen Revolution in England begannen sich auch in Irland Industrien zu entwickeln und eine drastische Landflucht setzte ein. Daher bildeten sich in allen Städten schnell Armenviertel, wo die Bevölkerung in ähnlich katastrophalen Zuständen lebte wie zuvor auf dem Land.
Hierbei blieb die britische Regierung allerdings nicht untätig, sondern schuf Arbeitsplätze im Straßen- und Eisenbahnbau - die Armut konnte allein dadurch natürlich nicht behoben werden. Emigration nach England und Amerika, sowie Hungesnöte und Seuchen ließen die Bevölkerung stark schrumpfen.
Eine markante Besserung trat nach den Weltkriegen ein (während des 1. Weltkriegs fand in Dublin der Osteraufstand statt und die Rebellen wurden von der deutschen Armee im Kampf gegen den gemeinsamen Gegner England mit Waffenunterstützt; im 2. Weltkrieg blieb Irland neutral): Die junge Demokratie stabilisierte sich und nach der vollständigen Loslösen von Großbritannien 1949 verbesserten sich die Beziehungen zum großen Nachbarn immer weiter.
Einen großen Anteil am irischen Wirtschaftswunder hatte schließlich die Europäische Union. Seit 1973 ist Irland Mitglied in der EG (ab 1993 EU) - am Anfang dieser Zeit noch ärmster Mitgliedsstaat, jetzt von Unterstützungen seitens der EU unabhängig (bis auf die umstrittenen Landwirtschaftssubventionen, die ja in allen Ländern gezahlt werden).

Hut ab vor dieser Entwicklung! Es ist den seit Jahrhunderten von Armut gebeutelten Iren auch von Herzen zu gönnen, dass sie endlich von witschaftlichen Ängsten weitgehend frei leben könne. Natürlich gibt es noch einiges zu tun: eine hohe Kriminalitätsrate in den Großstädten, ein Alkohol- und Verwahrlosungsproblem bei Jugendlichen und die extrem hohe Zahl an Verkehrstoten seien hier drei Beispiele. Aber: Welches Land ist schon perfekt?

Was bei alledem zu hoffen bleibt, ist, dass in Irland im Sog des Aufschwungs nicht die eigene Kultur vergessen wird. Wer irische Atmosphäre sucht - sei es die Herzlichkeit und Gelassenheit der Menschen oder Grundbestandteile der irischen Kultur wie traditionelle Musik -, wird in Dublin immer seltener fündig. Das ist schade. Aber vielleicht werden die Iren verhindern, dass sich diese Tendenz auf das ganze Land ausbreitet.
Klar: Was bringt einem Kultur, wenn man am Hungertuch nagt? Aber dies ist nun ja vorbei. Wenn nämlich das gesamte Leben auf Wirtschaft und Vermehrung des Wohlstands ausgerichtet ist, wird die Lebensfreude auf der Strecke bleiben - und das ist auch nicht gut.

Dienstag, Februar 06, 2007

Nordirland

Die Sinn-Féin-Partei hat die nordirische, London untergeordnete Polizei mehrheitlich akzeptiert. Dies könnte, wenn kein Reaktionismus mehr Einzug hält, der Anfang vom ersehnten Ende des blutigen Nordirlandkonflikts sein.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einige knappe Worte zur Geschichte der Teilung sagen. Großbritannien siedelte, um seinen Einfluss in Irland zu stärken, am Anfang der Besetzung der grünen Insel protestantische Bauern aus dem nahen Schottland in Ulster, also Nordirland, an. So entstand eine protestantische Minderheit, die zahlenmäßig katholischen Bevölkerung bald nicht mehr unterlegen war, wodurch sich die kaltholischen Nordiren bedrängt sahen. Drastische Benachteiligung durch Katholikengesetze taten ihr Übriges, um für heftige Animositäten zwischen beiden Volksgruppen zu sorgen.
Als dann Irland in die Unabhängigkeit entlassen wurde, behielt Großbritannien ausgleichsweise das protestantisch gefärbte Ulster mit Ausnahme einiger weniger Grafschaften im Vereinigten Königreich zurück.
Seither versuchen die Irisch-Republikanische-Armee (IRA) und ihr politischer Arm, die Partei Sinn Féin ("Wir Selbst"), unter Einsatz von brutaler Gewalt die Wiedervereinigung zu erzwingen. Nicht zu vergessen ist dabei allerdings, dass die Gewalt ebenso heftig auch von protestantischer Seite ausging. Man denke nur an die katholischen Schulkinder, die auf dem Schulweg von Royalisten mit Steinen schwer verletzt wurden.
Schließlich versprach die IRA, ihre Waffen abzugeben und der Gewalt für immer abzuschwören. Bis jetzt hat sie sich auch daran gehalten.
Es wäre eine schöne Vorstellung, wenn durch diesen Schritt der Katholiken dieser anachronistische, von grundloser Intoleranz auf beiden Seiten geprägte Guerillakrieg beendet wäre und in Städten wie Belfast oder Londonderry ein irisches Leben zur Selbstverständlichkeit würde, wie man es aus Dublin, Galway oder Cork kennt - friedlich, fröhlich und frei von Antipathien zwischen Menschen, die sich nur bezüglich der Ausrichtung innerhalb einer Religion unterscheiden.

Montag, Januar 15, 2007

Buchempfehlung!

Zur Abwechslung habe ich heute mal eine Buchempfehlung für Sie. Wenn Sie Irland lieben oder einfach nur an diesem Land interessiert sind, kann ich Ihnen das folgende Buch sehr ans Herz legen: "Mit dem Kühlschrank durch Irland" von Tony Hawks; so seltsam, wie der Titel manchem anmuten mag, ist die ganze Geschichte - und genau das macht sie so lesenswert.
Ein Engländer (der Ich-Erzähler), der in einer durchzechten Nacht 100 Pfund darauf wettet, dass er es schafft, per Anhalter und obendrein in Begleitung eines Kühlschranks binnen vier Wochen die grüne Insel zu umrunden, wird den Leser auf eine Entdeckungstour durch alle irischen Küstengegenden führen. Auf der einen Seite erzählt Hawks die Erlebnisse, die solch eine Abenteuerreise mit sich bringt, sehr spannend und mit einer ordentlichen Prise Humor, die jeden zum Lachen bringen muss, auf der anderen stellt er den irische Charakter und die irische Lebensart auf eine überaus authentische Weise dar, seien es die Reaktionen der Autofahrer auf seine sächliche Begleitung, seien es die seiner vielen Wirte oder die des Radiosenders, der ihn ständig mit Telefonanrufen begleitet.
1. Wer Irlandfreund ist, wird es nach der Lektüre noch mehr sein.
2. Wer herzhaft und dennoch mit Niveau lachen will, sollte das Buch lesen.

Donnerstag, Januar 11, 2007

Irisch in der EU

Das passte gut zu meinem letzten Eintrag! Die Europäische Union hat sich dazu entschlossen, die erste Amtssprache der Republik Irland zur offiziellen Arbeitssprache zu erklären. Da dies mit empfindlichen Mehrkosten verbunden ist, kann man die Neuerung als deutlichen Vorschritt werten, was die Erhaltung der Kulturenvielfalt in Europa angeht.
Gewiss, mag mancher einwenden, hat die Welt wichtigere Probleme als eine zusätzliche Arbeitssprache, zumal alle Iren perfekt Englisch sprechen. Stimmt.
Dennoch dürfen uns Schwierigkeiten in Wirtschaft und Politik nicht dazu verführen, solche Dinge wie Kultur und Identität aufs Spiel zu setzen. Auch Dinge, die sich nach den Kriterien des Utilitarismus als völlig überflüssig erweisen, können von immenser Bedeutung sein.
Lassen Sie mich mit einer Analogie schließen: Wenn sich ein hoher Angestellter mit Spitzeneinkommen und extremen Arbeitszeiten abends hinsetzt und einen guten Roman liest oder gute Musik hört, wird das seine Stimmung merklich heben, auf Dauer wird sich sogar seine Lebensqualität spürbar verbessern - obwohl Lesen und Musikhören utilitaristisch gesehen eigentlich verschwendete Zeit ist.

test

test

Freitag, Januar 05, 2007

Nollaig Shona! Frohe Weihnachten an alle Besucher dieser Seite (wenn auch etwas verspätet) und ein gutes neues Jahr- Bliain Úr Shona! Lassen Sie sich's gutgehen!
Aber trotz der sich gerade erst auflösenden Weihnachtsruhe soll es an dieser Stelle einen sogar etwas politischen Eintrag geben - erschrecken Sie nicht! Keine Mehrwertsteuererhöhung, Gesundheitsreform, Spitzelaffäre...
Es geht um den Bologna-Prozess, der zur Zeit das Leben an deutschen Universitäten ziemlich auf den Kopf stellt. Gewaltige Organisationsschwierigkeiten und die Änderungen gegenüber dem Diplomstudiengang, die einen großen Schritt in Richtung Verschulung und Einzwängung von allen Seiten in den Notendruck bedeuten und den ursprünglichen Sinn der Universität, ein Fachgebiet bis auf den tiefsten Grund zu erkunden, zunehmend unbeachtet lassen, bringen dem neuen System keine übermäßige Beliebtheit ein. Ich werde davon zum Glück als Diplomstudent nicht tangiert - aber alle nach mir sehr wohl.
Dies sind jedoch vordergründige Schwierigkeiten. Ein viel tiefer liegendes Problem des Bachelor/Master-Systems liegt im freiwilligen Verlust der eigenen Identität. Man führt ein amerikanisches System ein, das keinerlei Vorteile gegenüber dem alten deutschen hat und übernimmt zu allem Überfluss auch noch die englischen Bezeichnungen. Warum? Weil man sich anpassen will. Warum? Gute Frage.
Wenn auf Universitätsfluren an den Türen mancher Professoren ein Schild: "Do not disturb" hängt und ebendiese Professoren (deutscher Herkunft) Diplomprüfungen auf Englisch abhalten wollen, frage ich mich, ob sie sich ihres Arbeitgebers bewusst sind: der deutsche Staat.
Wenn sich deutsche Professoren mit ihren südafrikanischen Gästen auf englisch unterhalten, ist das ja völlig in Ordnung. Aber die Standardsprache ist hier deutsch.
Dies hat etwas mit Liebe zum eigenen Land und zur eigenen Kultur zu tun. Aber in Achtung der anderen! Ein so denkender Mensch besucht interessiert andere Länder und Kulturen, beobachtet offen die dortigen Gepflogenheiten, achtet die Menschen - und freut sich, wenn er schließlich wieder seine Heimat betritt. In der er sich mit den anderen Menschen ein Stück mehr verbunden fühlt als mit denen aus fremden Ländern - nicht zuletzt durch die Sprache. So wird auch die von mir auf jeden Fall befürwortete Konstruktion "Europa" emotional (wirtschaftlich sowieso) sinnvoll. Ein Brite z.B. ist mir etwas weniger verbunden als ein Deutscher - aber mehr als ein Brasilianer, den ich aber natürlich dennoch achte. Man ist sich nur etwas fremder und das ist normal.
Und Irland? Iren sind Iren und keine Engländer. Dass sich das Englische dank historischer Fehler so ausgebreitet hat, wie es der Fall ist, ist irreversibel, aber eine allen innewohnende Liebe zur eigenen Sprache steht dieser traurigen Tatsache nicht entgegen. Offiziell wird dies ja auch vorangetrieben, aber im Volk ist dennoch eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber diesem Teil der Kultur zu beobachten - und das, obwohl man sich viel mehr als Iren fühlt als es die Deutschen tun.
Gut ist: Mit der fortschreitenden Globalisierung, die an sich sehr viele Vorteile bringt, geht nach Aussage der Fachleuten eine emotionale Regionalisierung einher. Die Tendenz scheint allgemein zum Positiven umgekehrt: Umfragen und das bloße Auge auch lange nach der WM bestätigen dies. Hoffen wir, dass das so bleibt!

Donnerstag, Mai 08, 2003

Endlich!! Ein Weblog erwacht aus dem "Winter"schlaf! Da sich mein Rechner kurzfristig zu einer dreimonatigen Internetpause entschloß, mußte leider der Weblog ebenso lange mit dem Eintrag vom 19. Oktober auskommen. Nun läuft aber dank Neuinstallation alles wieder und der "Machnamh an Lae" soll in Zukunft regelmäßig bearbeitet werden.

Samstag, Oktober 19, 2002

Jetzt wird es in Irland spannend! Das Volk wählt, ob man dem Nizza-Abkommen zustimmen solle oder nicht. Dies ist nicht nur auf der grünen Insel wichtig sondern in der ganzen EU, denn Letztere wird erhebliche Probleme bei der Durchsetzung ihres Entschlusses bekommen, stimmt Irland nicht zu!
Nizza hat viele positive und viele negative Aspekte: Für das Abkommen spricht freilich, daß die Länder der "Zweiten Welt", also Polen etc., die stark an sich gearbeitet haben, um in die EU zu kommen, - und das mit Erfolg. Dagegen spräche jedoch, daß es wahrscheinlich noch schwerer würde, Kriminalität zu bekämpfen. Tatsache ist: Die Wahl wird spannend werden!
Aber was sich noch keiner wirklich überlegt hat: Warum stimmt Deutschland eigentlich über solch wichtige Themen nicht ab?? Irlands Lösung war die demokratischste, mit der folglich die Mehrheit des Landes zufrieden sein wird, egal wie es letztlich abstimmen wird. Aber anscheinend haben es Gerhard Schröder und Joschka nicht nötig, das Volk, das sie mit einer einstelligen Sitzemehrheit gewählt hat, um seine Meinung zu fragen. Wie oft wurde schon über die deutschen Bürger hinweg entschieden, was geschieht? Die EU, der Euro, Nizza! Vielleicht sollte sich die rot-grüne Regierung, die sonst immer von Gerechtigkeit und Demokratie predigt, einmal überlegen, ob das nicht auch für sie selbst gelten könnte.
Slán go fóill!